Bootfahren mit Enkeln in der Lagune von Grado
(Text Wolfgang Kohlweiß, Fotos Wolfgang,Sebastian und Yacht Info)
Eigentlich hatten wir einen Familien-Segeltörn für eine Woche, von Koper ausgehend, gebucht. Jedoch hat uns der Skipper im Stich gelassen - er hat, nach mehreren vergeblichen Anrufversuchen, zwei sich selbst löschende? SMS geschickt, dass er nicht kommt.
Nach dem Mittagessen im Hafenkino von Koper habe ich mich entschlossen, damit der Urlaub nicht ganz im Eimer ist, nach Precenicco zu fahren um ein Hausboot zu chartern.
Die "le boat" Basis war schon geschlossen und im Ort selbst wollte uns niemand ein Quartier für nur eine Nacht geben. Bei der weiteren Herbergsuche bin ich dann ganz zufällig auf das Restaurant "al Fiume Stella" gestoßen, welches ich schon von einem früheren Segeltörn mit o.a. Skipper kannte. Die vermieten auch Appartements - das, welches wir bekommen haben trug den Namen "Fusion" (warum wohl?)
Am nächsten Tag konnte ich das Boot mieten, aber erst am Nachmittag einziehen, weil es noch gereinigt werden musste. Die "Caprice" ist mit zwei Zweibett-Kabinen, jeweils mit eigenem Sanitärraum (Dusche, Waschbecken und WC) Salon und Küche ausgestattet.

Nachdem wir alles, auch den Proviant welchen wir im Ortskern von Precenicco in einer ganz lieben Greisslerei erstanden haben im Boot verstaut haben, sind wir die Stella abwärts bis Lignano Sabbiadoro gefahren.

Die Mündung der Stella in die Lagune sieht schon ein bisschen verwirrend aus!
Unser erstes Ziel war der Hafen "Marina Punta Faro". Von dem aus wir an den Strand zum Schwimmen gegangen sind.
Zum Baden haben wir überall wo wir angelegt haben den Adriastrand aufgesucht und haben dabei auch die Orte und Souvenierläden besichtigt und für das Frühstück eingekauft.
 
Das Ziel des nächsten Tages war in Grado, der Hafen (Darsena San Marco) gleich neben der niedrigen Brücke
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Wir bekamen einen Außenliegeplatz mit Schwimmsteg, welcher ganz ordentlich in der Strömung lag. Beim Anlegen von der Brücke heraus und beim Ablegen, am nächsten Tag, umgekehrt.
Gegessen haben wir im Fischerhafen von Grado, in einem Lokal in welchem die Speisekarten zu Papierschiffchen gefaltet waren.
Wir konnten während des Essens zusehen wie flink das Personal die Schiffchen anfertigte.
Warum ich auf die Idee gekommen bin die Reiseerinnerungen niederzuschreiben war das Foto einer Schleuse mit dem Titel "Kanal Litoranea Veneta" auf den Seiten 10 bis 12 des Berichtes über Friaul-Julisch-Venetien in der Zeitschrift "Yacht Info" Ausgabe 4/2017.

Foto mit freundlicher Genehmigung des Verlages
Diese Schleuse habe ich nämlich, wegen heftiger Nervosität, nicht selbst Fotografieren können. Sie befindet sich zwischen Lignano und Bibione und die quälenden Fragen: wo ist die Wartelände, wo die Signalanlage, wie funktioniert das Anmelden waren völlig unbegründet - die Anlage wird, so scheint's, nur bei Tagliamento-Hochwasser in Betrieb genommen.
So sind wir dann auf dem Tagliamento ein paar hundert Meter flussab gefahren bis zum Kanale Lugugnana. Der beginnt auch mit einer Schleuse und mit erhöhtem Puls, weil das Einfahren in die Schleusenkammer aus der Strömung heraus nicht trivial ist. Gleich hinter der Schleuse am rechten Tagliamento Ufer befindet sich eine Straßenbrücke, welche wir, mit viel Glück, ohne Verlust des Sonnendaches passiert haben. Im Zeitungsartikel ist zu lesen dass es gut wäre einen Tidenkalender mitzuführen, das hab' ich mir an dieser Stelle auch gedacht - jedoch wirklich geholfen hätte er auch nicht, weil in der Gewässerkarte, welche ich in der Basis gekauft habe, keine Brückenhöhen eingetragen sind.
Im Kanal, auf einer ziemlich geraden Strecke, war ein Baumstamm mit geschätzt 25 cm Durchmesser, von dem nur ein Ende schräg aus dem Wasser, gegen unsere Fahrtrichtung, herausgeschaut hat, der war jedoch kein Problem, den haben wir früh genug gesehen um ausweichen zu können.
In Bibione Pineda haben wir an einem Gästesteg des "Capalonga Camping" festgemacht. Das war die teuerste Übernachtung der ganzen Tour (€ 64,40 für Boot und Besatzung) aber wir nutzten die vorzügliche Infrastruktur des Campingplatzes voll aus.
In der Nacht bin ich - als verantwortungsvoller Schiffsführer - aufgewacht weil die Leinen so laut gejammert haben. Im Pyjama bin ich hinausgegangen um die Festmacherleinen zu lockern (Tidenkalender wäre erforderlich!) und mich dabei gewundert wieviel Dreck der heftige Ebbstrom mit sich führt.
Am nächsten Tag - das Wasser war wieder ganz ruhig und sauber - so als ob nichts gewesen wäre, sind wir nach Caorle aufgebrochen.
Kurz vor Caorle gibt es ein lästiges Hindernis, eine Drehbrücke mit festen Öffnungszeiten (9, 11, 14:30. 16:30 Uhr) und die Wartelände welche in der Gewässerkarte eingezeichnet war, entpuppte sich als dornenbewehrter Hang.
Die Einfahrt zur Marina "Darsena dell'Orologio" liegt bald nach der Brücke, aber wir haben sie nicht gesehen und sind daran, suchend, vorbeigefahren. Der durchaus wundervolle Blick auf die Adria hat uns dann aber zur schleunigen Umkehr bewogen und auf einmal, von dieser Seite her, war das Marina finden gar kein Problem mehr. Interessant sind die Platten mit welchen die Wege innerhalb der Marina belegt sind - voller Urtierchen, jeder Schritt ein Erlebnis!
  
Nach der Heimkehr von Besichtigung, Baden und Abendessen beschlossen Michael und ich die feinen Duschen der Marina zu benützen, Sebastian ist am Boot geblieben.
Währenddessen ist ein fürchterliches Gewitter mit Sturm und Hagel über Caorle hereingebrochen.
Die Hagelkörner, etwa Daumennagel groß, sind die Treppe zum Duschraum munter heruntergesprungen obwohl die Türe oben geschlossen war. Wir warteten ab bis Sturm und Blitzen ein wenig nachließen und stapften dann barfuß mit den Badetüchern als Hagelschutz über dem Kopf durch die Eishaufen zum Boot zurück. Unserem Hausboot ist, außer dass es mit Ästchen und Föhrennadeln stark verschmutzt war, überhaupt nichts passiert.
Am nächsten Morgen hatten wir noch immer Eishaufen im Cockpit und sahen die Verwüstungen welche Sturm und Hagel auf Nachbarbooten angerichtet haben.
Die Abdeckplane eines Segelbootes war in feine Streifchen aufgelöst, bei einem anderen (im Hintergrund zu sehen) hat der Sturm das Vorsegel ausgerollt und dieses hing nun in Fetzen gerissen vom Mast herunter.
Viele Dalben der Pfahlboxen waren abgebrochen oder ausgerissen und wurden von den Hafen mitarbeitern per Schlauchboot eingesammelt.
Die Rückfahrt haben wir so eingerichtet dass wir bei der ersten Drehbrückenöffnung um 9h dabei waren und sind dann in einem Zug bis zum Restaurant "Il Fiume Stella" gefahren. Der Baumstamm war noch immer in der Kanalmitte und das Sonnendach falteten wir diesmal (sicher ist sicher) vor der Brücke zusammen. Sind ohnehin nur ein paar Handgriffe, aber ich meine, die haben sich diesmal gelohnt.
 
Der Seniorchef des Restaurants, der sehr gut deutsch spricht, hat erzählt dass unser Segeltörnskipper am Vortag mit seinem Schiff da war. Anscheinend hatte der lukrativere Kunden.
 
Nach Sundowner und später Käptnsdinner konnten wir, diesmal im Boot, vor dem Restaurant übernachten.
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Und waren dann, nach Frühstück im Restaurant und ein paar Kilometer Flussauf fahren, pünktlich um 9h zur Bootsrückgabe in der "Le Boat" Basis.
Alle Menschen mit welchen wir auf dieser Reise zusammengekommen sind waren äußerst nett und hilfsbereit. Verständigung war auf Deutsch oder Englisch möglich.
Kurz gesagt: trotz miserablem Start in Koper ein wunderschöner Urlaub in der Lagune!
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